Steuern
Deutschland: Unbeschränkte Einkommensteuerpflicht trotz
mehrjähriger Auslandsabordnung
Für die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht
in Deutschland reicht es aus, dass der
Steuerpflichtige einen Wohnsitz im Inland hat.
Ob er daneben auch im Ausland einen Wohnsitz
hat und welcher Wohnsitz den Mittelpunkt der
Lebensinteressen darstellt, ist unerheblich. Folge
der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht ist,
dass das sog. Welteinkommen in Deutschland der
Besteuerung unterliegt, soweit nicht ein Abkommen
zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung das
Besteuerungsrecht einem anderen Staat zuweist.
Einen Wohnsitz im Inland hat derjenige, der eine
Wohnung innehat. Die Wohnung muss in objektiver
Hinsicht dem Steuerpflichtigen jederzeit als Bleibe
zur Verfügung stehen und in subjektiver Hinsicht von
ihm zu einer entsprechenden Nutzung bestimmt sein.
Der Bundesfinanzhof 7 hat in Anwendung vorstehender
Deutschland: Doppelbesteuerungsabkommen: Besteuerungsrückfall
bei unterschiedlicher Anwendung
Ein selbstständiger Rechtsanwalt hatte seinen
(einzigen) Wohnsitz in Deutschland. Er unterhielt
in Brüssel ein Anwaltsbüro, mit dem er erhebliche
Verluste erzielte.
Nach abkommensrechtlichen Maßstäben stand
das Besteuerungsrecht für die dem Büro Brüssel
zuzurechnenden Einkünfte dem Königreich
Belgien zu. Folglich waren die Einkünfte von
der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer
auszunehmen. Ungeachtet des Abkommens wird
die Freistellung der Einkünfte jedoch dann nicht
gewährt, wenn der andere Staat - hier Belgien - von
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Grundsätze einen inländischen Wohnsitz
eines Piloten bejaht, der von seinem Arbeitgeber für
einen mehrjährigen Zeitraum ins Ausland abgeordnet
war und bei seinem Umzug die Familie mitnahm.
Das bisher genutzte und weiterhin möblierte
Einfamilienhaus war bis auf ein zeitweise vermietetes
Zimmer im Obergeschoss frei. Der Pilot hielt sich in
den einzelnen Jahren der Abordnung an 22 bzw. 26
Tagen und im letzten Jahr an einem Tag in dem Haus
auf. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist eine
Mindestzahl von Tagen oder Wochen, in denen die
Wohnung tatsächlich genutzt wird, zur Beibehaltung
des inländischen Wohnsitzes nicht erforderlich.
(DATEV Kanzleinachrichten pro; Erläuterungen und Kommentare zur
Textbausteinsammlung Ausgabe April 2019, S. 10)
7 BFH, Urt. v. 24.07.2018, I R 58/16, BFH/NV 2019, S. 104, LEXinform 0951028.
8 § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG.
9 BFH, Urt. v. 11.07.2018, I R 52/16, BFH/NV 2019, S. 153, LEXinform 0951026.
der Besteuerung absieht oder die Einkünfte nur einem
geringen Steuersatz unterwirft. 8
Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs 9 ist der
Rückfall der Besteuerung nicht nur auf positive
Einkünfte anzuwenden. Auch negative Einkünfte
sind von der Regelung betroffen, sodass auch
abkommensrechtlich steuerfrei gestellte Verluste
bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen vom
Besteuerungsrückfall erfasst werden und im Inland
ungeachtet des Abkommens abziehbar sind.
(DATEV Kanzleinachrichten pro; Erläuterungen und Kommentare zur
Textbausteinsammlung Ausgabe April 2019, S. 10)