Steuern
Deutschland: Durchführung von Produktschulungen ist keine unterrichtende Tätigkeit
Die Vermittlung von Kenntnissen über die Produkte
eines spezifischen Auftraggebers gegenüber Fachhändlern
ist keine unterrichtende Tätigkeit,
wenn es sich nicht um eine Wissensvermittlung
auf der Grundlage eines allgemeingültigen und
abwandlungsfähigen Lernprogramms handelt.
Ein Einzelunternehmer war als freiberuflicher
Mitarbeiter für eine GmbH tätig und führte
schwerpunktmäßig Produktschulungen für Fachhandelskunden
der GmbH durch. Seine Lehrtätigkeit
erfolgte in organisierter und institutionalisierter
Form durch Schulungen, die im Vorfeld durch die
GmbH oder von Großhändlern geplant wurden.
Die Schulungsunterlagen waren für alle Teilnehmer
gleich und wurden begleitend zum Frontalunterricht
in Papierform ausgegeben. Darüber hinaus wurde
das vermittelte Produktwissen durch monatliche
Newsletter ergänzt, die inhaltlich in Absprache
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mit dem Auftraggeber festgelegt und gestaltet
wurden. Der Unternehmer ermittelte seinen Gewinn
durch Einnahmenüberschussrechnung und machte
Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit geltend.
Der Bundesfinanzhof 3 entschied, dass eine produktspezifische
Wissensvermittlung eine einzel-
fallbezogene beratende Tätigkeit und keine
unterrichtende Tätigkeit darstellt. Auch eine
schriftstellerische Tätigkeit kam nicht in Betracht,
da u. a. nicht festgestellt werden konnte, ob und ggf.
in welchem Umfang der Unternehmer die Newsletter
selbst erstellt hatte. Das Gericht qualifizierte die
Tätigkeit als gewerblich.
(DATEV Kanzleinachrichten pro; Erläuterungen und Kommentare zur
Textbausteinsammlung Ausgabe April 2019, S. 19)
Deutschland: Gerichtliche Überprüfung von Schätzungen des Finanzamts
Ein Steuerpflichtiger kann mittels Klage eine Schätzung
des Finanzamts in vollem Umfang gerichtlich überprüfen
lassen. Das Finanzgericht hat eine eigene
Schätzungsbefugnis.
Eine Schätzung setzt voraus, dass die Finanzbehörde
die entscheidungserheblichen Besteuerungsgrundlagen
nicht ermitteln oder berechnen kann. Hierbei sind alle
Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung
von Bedeutung sind. Die Ergebnisse der Schätzung
müssen schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig
sein. Das Finanzamt muss die Grundlagen seiner
Schätzung und die Schätzungsergebnisse offenbaren,
damit das Finanzgericht in die Lage versetzt wird,
seine eigene Schätzungsbefugnis auszuüben.
In einem vom Finanzgericht München 4 entschiedenen
Fall war die Schätzung vom Finanzamt nicht
schlüssig begründet worden. Die vorgelegten
Kalkulationsunterlagen waren unvollständig und der
Kalkulationsweg war nicht nachvollziehbar dargestellt
worden. Die Kalkulation des Finanzamts war vom
Gericht deshalb nicht nachprüfbar.
Der Antrag des Steuerpflichtigen, die Vollziehung der
auf Grundlage der Zuschätzungen des Finanzamts
ergangenen Bescheide auszusetzen, hatte daher überwiegend
Erfolg.
(DATEV Kanzleinachrichten pro; Erläuterungen und Kommentare zur
Textbausteinsammlung Ausgabe April 2019, S. 30)
3 BFH, Beschl. v. 23.10.2018, VIII B 44/18, BFH/NV 2019, S. 108, LEXinform 5908781.
4 FG München, Beschl. v. 11.06.2018, 7 V 510/18, LEXinform 5021686.