Global Mobility
Europäische Union: Änderungen in der Entsenderichtlinie
Die Entsenderichtlinie (Richtlinie (EU) 2018/957)
wurde im Sommer 2018 reformiert. Die
Mitgliedstaaten hatten bis zum 30. Juli 2020 Zeit,
die Richtlinie in das nationale Gesetz umzusetzen.
Die Entsenderichtlinie wurde nach dem Grundsatz
„gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“
reformiert. Ziel der Reform ist, die Position der
entsandten Arbeitnehmer zu stärken. Die wichtigsten
Änderungen der Richtlinie stellen wir Ihnen hier vor.
Entlohnung entsandter Arbeitnehmer
Mit der Reform der Entsenderichtlinie soll eine
Anpassung der Lohnstandards innerhalb der
Mitgliedstaaten erfolgen. Durch die Verwendung
des Begriffes „Entlohnung“ wird deutlich, dass
der europäische Gesetzgeber nicht nur - wie
bisher - den entsprechenden Mindestlohn für
den Arbeitseinsatz einfordert, sondern daneben
weitere Lohnbestandteile einbeziehen will, die in
Rechtsvorschriften oder in allgemeinverbindlichen
Tarifverträgen festgelegt sind. Neben dem
Grundgehalt besteht künftig auch ein Anspruch auf
Prämien und Zulagen, wie zum Beispiel Weihnachts-,
Urlaubs- oder Schlechtwettergeld. Bislang konnten
die Mitgliedstaaten selbst entscheiden, ob sie
allgemeinverbindliche Tarifverträge auch auf
entsandte Arbeitnehmer anwenden wollten. In
Deutschland war das bis jetzt nur in ausgewählten
Branchen der Fall, wie zum Beispiel in der
Bauwirtschaft. Seit dem Inkrafttreten der Änderungsrichtlinie
sind die durch allgemeinverbindliche
Tarifverträge festgelegten Vorschriften für
entsandte Arbeitnehmer aller Wirtschaftszweige
verbindlich. Ausgenommen von der Änderung ist
das Speditionswesen. Die Mitgliedstaaten werden
verpflichtet, die auf ihrem Hoheitsgebiet geltenden
Lohnbestandteile auf einer offiziellen nationalen
Webseite zu veröffentlichen. Dadurch können die
ausländischen Unternehmen die für ihre entsandten
Mitarbeiter geltenden Lohnregeln in Erfahrung
bringen.
Erweiterter Schutz langzeitentsandter Arbeitnehmer
Die Änderungsrichtlinie sieht auch besonderen
Schutz für langfristige Entsendungen vor. Die
Entsendungen werden erstmal zeitlich begrenzt.
Zukünftig sollen Entsendungen nicht länger als
12 Monate andauern. Auf einen begründeten
Antrag hin kann eine Entsendung um weitere sechs
Monate, also auf insgesamt 18 Monate, verlängert
werden. Wird die Obergrenze der Entsendedauer
überschritten, kommt grundsätzlich das gesamte
Arbeitsrecht des Einsatzlandes zur Anwendung. Davon
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ausgenommen sind die Verfahren zu Beendigung oder
zum Abschluss eines Arbeitsvertrages, einschließlich
Wettbewerbsverbote und zusätzliche betriebliche
Altersversorgungssysteme. Bis Juli 2020 mussten
nur die festgelegten zwingenden arbeitsrechtlichen
Rechtsvorschriften wie zum Beispiel Arbeitszeiten,
Urlaubsregelungen, Arbeitsschutz und
Nichtdiskriminierungsbestimmungen eingehalten
werden. Das bedeutet für die Personalabteilungen
mehr Aufwand, da das nationale Arbeitsrecht bei der
Anpassung der Entsendeverträge beachtet werden muss.
Bessere Arbeitsbedingungen
Die reformierte Entsenderichtlinie fordert auch,
dass bessere Arbeitsbedingungen durchgesetzt
werden. Dabei geht es um die Unterkünfte von
entsandten Arbeitnehmern. Eine unwürdige
Unterbringung soll unterbunden werden. Weiter
will man, dass entsendebedingte Kosten (Reise-,
Unterbringungs- und Verpflegungskosten) grundsätzlich
von den Unternehmen nach den Regeln
in den Herkunftsländern getragen werden. Diese
Kosten dürfen nicht auf die Vergütung entsandter
Arbeitnehmer angerechnet werden: Arbeitslohn
ist Arbeitslohn. Wenn die nationalen Regeln
nicht festlegen, dass und in welchem Umfang
die Entsendezulagen für andere Zwecke als zur
Kostenerstattung gezahlt werden, gilt künftig eine
Vermutungsregel.
A-1 Bescheinigung zwingend beachten
Die Reform der Entsenderichtlinie hat auch
sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen. In
vielen Mitgliedstaaten wird mittlerweile strenger
kontrolliert als früher, ob entsandte Mitarbeiter eine
A-1 Bescheinigung mit sich führen. Fehlt diese, kann
das empfindliche Bußgelder nach sich ziehen.
Die A-1 Bescheinigung bescheinigt, Sozialversicherungsvorschriften
welches Mitgliedstaates
für den im europäischen Ausland tätigen Arbeitnehmer
gelten. Die Reform der Entsenderichtlinie
hat allerdings nicht bedacht, dass die sozialversicherungsrechtliche
Entsendung bis zu 24 Monate
dauern kann. Nach den neuen Bestimmungen
soll aber nach spätestens 18 Monaten das lokale
Arbeitsrecht zur Anwendung kommen, sodass man
in das Sozialversicherungssystem des anderen
Staates eintreten müsste. Eine Anpassung der
europäischen Sozialversicherungsvorschriften ist
hierbei unerlässlich.
(Auszug aus der Publikation: Marcelina Nowak, Fact sheet: Mitarbeiterentsendung
in der EU; Ausgabe August 2020; Germany Trade and
Invest; 21.08.2020)