International Employment
Europäische Union: Neue Richtlinie - Transparente und vorhersehbare
Arbeitsbedingungen
Im Amtsblatt der EU Nr. 186 vom 11. Juli 2019 wurde
die Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über
transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen
in der Europäischen Union veröffentlicht. Die EUMitgliedstaaten
müssen die Vorschriften bis zum
1. August 2022 in nationales Recht umsetzen (Art. 21
der Richtlinie); die Richtlinie 91/533/EWG wird zu
diesem Zeitpunkt aufgehoben (Art. 24 der Richtlinie).
Zweck der neuen Richtlinie ist es, „auf Unionsebene
Mindestanforderungen für die Unterrichtung über die
wesentlichen Aspekte des Arbeitsverhältnisses und
für die Arbeitsbedingungen festzulegen, die für alle
Arbeitnehmer gelten und ihnen ein angemessenes
Maß an Transparenz und Vorhersehbarkeit ihrer
Arbeitsbedingungen garantieren sollen, wobei
gleichzeitig ein angemessenes Maß an Flexibilität
atypischer Arbeitsverhältnisse beizubehalten ist, damit
die Vorteile für Arbeitnehmer und für Arbeitgeber
gewahrt werden“ (Erwägungsgrund 6 sowie Art. 1
der Richtlinie).
Die Richtlinie enthält Vorschriften unter anderem zu
folgenden Themen:
• Unterrichtung über das Arbeitsverhältnis, Art. 4 ff.
der Richtlinie (Pflicht zur Unterrichtung, Zeitpunkt
und Form der Unterrichtung, Änderungen des Arbeits-
verhältnisses, zusätzliche Informationen für in einen
anderen Mitgliedstaat oder in ein Drittland geschickte
Arbeitnehmer);
• Mindestanforderungen an die Arbeitsbedingungen,
Art. 8 ff. der Richtlinie (Höchstdauer der Probezeit,
Mehrfachbeschäftigung, Mindestvorhersehbarkeit
der Arbeit, Zusatzmaßnahmen bei Abrufverträgen,
Übergang zu einer anderen Arbeitsform, Pflichtfort-
bildungen, Kollektiv- und Tarifverträge);
• Horizontale Bestimmungen, Art. 15 ff. der Richtlinie
(Rechtsvermutungen und Verfahren für eine früh-
zeitige Streitbeilegung, Anspruch auf Abhilfe,
Schutz vor Benachteiligung oder negativen Kon-
sequenzen, Kündigungsschutz und Beweislast, Sank-
tionen).
(Helge Freyer, EU - Transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen/
Neue Richtlinie, Germany Trade & Invest – GTAI, 25.07.2019)
Deutschland: Erhebung von Säumniszuschlägen auf nachgeforderte Sozialversi-
cherungsbeiträge nur bei bedingtem Vorsatz
Entrichtet der Zahlungspflichtige nicht rechtzeitig
die Sozialversicherungsbeiträge, fällt ein Säumniszuschlag
von 1 % des rückständigen Betrags je Monat
an. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit
Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, kann der
Säumniszuschlag gegebenenfalls entfallen. Dazu
muss der Beitragsschuldner glaubhaft machen, dass er
unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht
hatte.1
Das Bundessozialgericht 2 hat entschieden, dass Fahrlässigkeit
kein Verschulden begründet. Es muss
mindestens bedingter Vorsatz vorliegen. Der
Beitragsschuldner muss also seine Zahlungspflicht
mindestens für möglich halten und billigend in Kauf
nehmen.
Im entschiedenen Fall hatte eine GmbH, die ein
Busunternehmen betrieb, neben den eigenen Fahrern
regelmäßig ergänzend weitere Fahrer (Tourbegleiter)
eingesetzt. Sie behandelte diese als selbstständig
und meldete sie nicht zur Sozialversicherung an.
06 • www.heuser.de
Das wurde im Rahmen einer Betriebsprüfung
bemängelt und nachträglich Beitragsbescheide nebst
Säumniszuschlägen erlassen.
Das Bundessozialgericht akzeptierte, dass den
Geschäftsführer der GmbH im Zeitpunkt der
Fälligkeit der Beiträge kein Verschulden traf. Das
Landessozialgericht muss allerdings weiter aufklären,
ob der Geschäftsführer nicht zu einem späteren
Zeitpunkt Kenntnis von seiner Zahlungspflicht
erlangte. Schädlich wäre auch die Kenntnis eines
Angestellten der GmbH, sofern er eigenverantwortlich
mit der sozialversicherungsrechtlichen Bewertung
der Tourbegleiter und der Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen
Zahlungspflichten betraut
war.
Die Beweislast für die unverschuldete Unkenntnis
bezüglich der Zahlungspflicht trägt die GmbH.
(DATEV Kanzleinachrichten pro; Erläuterungen und Kommentare zur
Textbausteinsammlung Ausgabe Juli 2019, S. 52)
1 § 24 Abs. 2 SGB IV.
2 BSG, Urt. v. 12.12.2018, B 12 R 15/18 R, LEXinform 1674533.