Legal Management - Business Storytelling
Vera Gäde-Butzlaff, Gasag
Im deutschen Mittelstand sind Chefinnen längst
keine Ausnahme mehr. Eine von ihnen, die es an die
Spitze geschafft hat, ist Vera Gäde-Butzlaff.
Ihre Geschichte ist eine, die man selten hört auf
Deutschlands Chefetagen. Eine Managerin tritt nach
sieben Jahren an der Spitze eines Unternehmens
einfach ab. Nicht weil sie muss. Sondern weil sie
glaubt, dass viele ihrer Aufgaben für sie zur Routine
geworden sind. Und weil sie Angst davor hat, neue
Ideen mit dem alten Spruch „Das haben wir alles
schon versucht“ abzubügeln. Also verlässt Vera Gäde-
Butzlaff 2014 die Berliner Stadtreinigungsbetriebe
(BSR).
Und dann? Sie will kürzer treten, liebäugelt mit einem
Ehrenamt, spricht über Aufsichtsratsposten. Bis die
heute 63-Jährige dieses eine Angebot erhält, auf das
sie ihre ganze Karriere gewartet hat. Sie wollte in
einem interessanten Wirtschaftszweig arbeiten, und
das Unternehmen sollte sich im Umbruch befinden,
damit sie in kurzer Zeit viel bewirken kann. Zudem
passte der Standort: Berlin. Der Chefposten von
Gasag, einer von Europas größten regionalen
Gasversorgern mit einem Umsatz von knapp
1,2 Milliarden Euro und 1.500 Mitarbeitern, erfüllte
alle drei Kriterien. Im März 2015 begann Gäde-
Butzlaff ihren neuen Job. Knapp zwei Jahre später
sitzt sie in ihrem Eckbüro im siebten Stock.
„Ich habe Angebote zur beruflichen Veränderung
genutzt und die damit verbundenen Risiken
nicht gescheut“, sagt sie. Und das waren einige.
Zunächst arbeitete die Juristin als Richterin am
07 • www.heuser.de
Verwaltungsgericht, anschließend wechselte sie
als Staatssekretärin ins Umweltministerium des
Landes Sachsen-Anhalt und von da an die Spitze
der BSR. Dort formte sie aus dem unbeliebten
Entsorgungsunternehmern ein wahres Imagewunder.
„Das Unternehmen mit seinen Angeboten und
Produkten zu positionieren und die Marke positiv
zu besetzen“, sagt Gäde-Butzlaff, „das ist mein
wichtigster Job“.
Im Sommer 2018 erklärte Gäde-Butzlaff, sie verlängere
ihren Dreijahresvertrag mit Gasag nicht und höre
Anfang 2018 auf. Die Vorstandsvorsitzende scheidet,
nach drei Jahren im Amt, Ende Februar 2018 aus. Es
sei für sie immer klar gewesen, dass ihr Vertrag drei
Jahre gilt. Das hätten auch Vorstand und Aufsichtsrat
gewusst. Gäde-Butzlaff erklärte, es sei eine private
Entscheidung gewesen, nicht länger Chefin eines
großen Unternehmens sein zu wollen. Sie wünsche
sich mehr Freiraum. Der Wechsel an die Spitze eines
anderen Betriebes stehe nicht zur Debatte. Sie möchte
nicht noch einmal operativ ein Unternehmen leiten,
sagte sie, sonst wäre sie bei der Gasag geblieben.
Sie wolle sich aber auch nicht völlig zurückziehen
und könne sich vorstellen, ein Aufsichtsratsmandat
anzunehmen oder ehrenamtlich tätig zu sein.
(Aleksandra Pieczynska)
Quellen:
•Kristin Schmidt, Lin Freitag, Thomas Kuhn, Jacqueline Goebel und
Christian Schlesiger; Das sind Deutschlands heimliche Herrscherinnen;
WirtschaftsWoche online, 09.06.2017;
•Andreas Abel; Keine Vertragsverlängerung: Wechsel an der Gasag-
Spitze; Berliner Morgenpost, 27.06.2017