Legal Management - Business Storytelling
Thomas Middelhoff
Der wegen Untreue zu drei Jahren Haft verurteilte
frühere Top-Manager Thomas Middelhoff wurde
Ende November vorzeitig, nach Verbüßung von zwei
Dritteln seiner Strafe, aus der Haft entlassen. Der Rest
seiner Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
Thomas Middelhoff, auch “Big T” genannt, ist ein
ehemaliger deutscher Manager. Er amtierte von
November 1998 bis Juli 2002 als Vorstandsvorsitzender
des Medienkonzerns Bertelsmann AG und von Juni
2004 bis Februar 2009 der Arcandor AG (bis 2007
KarstadtQuelle AG). Am 1. September 2009 wurde
durch das Amtsgericht Essen das Insolvenzverfahren
über das Vermögen der Arcandor AG eröffnet; hiervon
betroffen waren auch Tochterfirmen wie Karstadt
und das Versandhaus Quelle. Middelhoff hatte seinen
Posten einige Monate zuvor aufgegeben. Seitdem
war er in mehrere juristische Auseinandersetzungen
verwickelt.
Thomas Middelhoff wurde im Juni 2004 zum
Vorsitzenden des Aufsichtsrates der KarstadtQuelle
AG bestellt und übernahm im Mai 2005 den Posten
des Vorstandsvorsitzenden, als KarstadtQuelle in
einer existenziellen Schieflage war.
Middelhoff setzte die Umbenennung in Arcandor
AG durch und teilte das operative Geschäft in
die drei Kernbereiche: Warenhaus (Karstadt),
Versandhandel (Primondo) und Touristik (Thomas
Cook). Der Umsatz stieg durch den Ausbau des
Touristikgeschäfts 2007 auf 21 Milliarden Euro
und das Eigenkapital wuchs. Bis Ende 2008
sollte der Sanierungsprozess des Unternehmens
abgeschlossen sein. Kritiker bemängelten, dass
dies nur durch einen milliardenschweren Verkauf
der Warenhausimmobilien an das Goldman Sachs-
Immobilienunternehmen Whitehall und ein von der
Deutsche-Bank-Immobilientochter RREEF geführtes
Konsortium erreicht worden sei. Karstadt war nach
dem Verkauf nur noch Mieter der Warenhäuser und
musste seitdem deutlich mehr für die Nutzung der
Immobilien zahlen. Die monatlichen Mietzahlungen
betrugen ca. 23 Millionen Euro. Die Laufzeiten der
Mietverträge betrugen 15 Jahre, die gesamten,
jährlichen Mietzahlungen etwa 280 Millionen Euro. Seit
2007 war Middelhoff auch Aufsichtsratsvorsitzender
der Thomas Cook Group, des weltweit zweitgrößten
Touristikunternehmens, an dem die Arcandor AG
52 Prozent der Anteile hielt.
Im November 2007 verschenkte Arcandor ohne
Gegenleistung 51 Prozent des unprofitablen
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Online-Versandhauses Neckermann an den USamerikanischen
Finanzinvestor Sun Capital Partners.
Neckermann sollte später an die Börse gebracht
werden, was allerdings nie geschah. Die übrigen
49 Prozent der Anteile an Neckermann, die Arcandor
zunächst behielt, wurden im Oktober 2010 ebenfalls
von Sun Capital Partners übernommen, die damit
Alleinaktionär von Neckermann wurde.
Der Aktienkurs der Arcandor AG sank im Verlauf der
Amtszeit Middelhoffs von ca. 10 Euro pro Aktie (Mai
2005) auf 1,30 Euro (Februar 2009). Der Kurs im
November 2014 lag bei 5 Cent.
Am 1. März 2009 wurde Middelhoff in seiner Position
als Vorstandsvorsitzender der Arcandor AG und der
Thomas Cook Group von Karl-Gerhard Eick, dem
ehemaligen stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden
der Deutschen Telekom AG, abgelöst. Schon bei
seinem Amtsantritt sprach Eick von einer Krise des
Konzerns; im Mai 2009 musste Arcandor AG um
staatliche Bürgschaften und Kredite bitten. Im Juni
2009 beantragte Arcandor in Essen die Eröffnung
des Insolvenzverfahrens.
Im Juli 2010 verklagte der Insolvenzverwalter der
Arcandor AG Middelhoff und andere ehemalige
Führungskräfte auf Zahlung von 175 Millionen Euro.
Die Klage geht auf Immobilienverkäufe im Jahre
2002 durch Middelhoffs Vorgänger Wolfgang Urban
zurück. Middelhoff wurde vorgeworfen, Urban nach
seinem Amtsantritt nicht auf Schadensersatz verklagt
zu haben. Durch dieses pflichtwidrige Unterlassen sei
die Arcandor AG geschädigt worden. Die Manager
hätten es außerdem unterlassen, die Überschreibung
des Warenhauses an einen Immobilienfonds zu
verhindern. Dieser wiederum hatte für das Kaufhaus
dann nach Ansicht des Arcandor-Insolvenzverwalters
Hans-Gerd Jauch eine überhöhte Miete verlangt.
Am 25. April 2012 entschied das Landgericht Essen
in einem Grundurteil, dass Middelhoff und drei
weitere ehemalige Vorstände ihre Pflichten verletzt
hätten, da sie die Überschreibung eines Warenhauses
in Wiesbaden an einen Immobilienfonds nicht
verhinderten. Die Höhe des entstandenen Schadens
sei jedoch fraglich.
Da Middelhoff wegen einer Baustelle am Kamener
Kreuz nicht im Stau stehen wollte, ließ er sich
mindestens 28-mal für insgesamt 80.000 Euro per
Hubschrauber von seinem Wohnsitz in die Firma
fliegen. Dieser Vorgang war ebenfalls Teil des
Untreueprozesses gegen ihn.